Thorsten Friesecke schockt Tostedt

Heute Morgen ging wohl eine echte Schockwelle durch Tostedt. In einem sehr ausführlichen Schreiben gab Thorsten Friesecke, der Betreiber der zwei noch in Tostedt vorhandenen Zeitungs- und Tabakgeschäfte, Bahnhofstraße und Unter den Linden, bekannt, dass das Familienunternehmen nach mehr als 50 Jahren das Geschäft beenden wird. „Was, dann ich kann ich keine Bücher mehr in Tostedt kaufen?“, war eine spontane Reaktion in meinem familiären Umfeld. Wir können hoffen, dass es nicht soweit kommt. Denn auf Facebook konnte ich wenig später lesen, dass es für das Geschäft in der Bahnhofstraße einen Nachfolger geben soll.

Das Statement von Thorsten Friesecke ist denkwürdig:

Es erinnert uns daran, welchen Wert das persönliche Kauferlebnis hat. Der im Text erkennbare leicht sarkastische Unterton ist in diesem Fall besonders berechtigt. Thorsten hat zusätzliche Dienstleistungen und soziale Nähe vermittelt, die in Discounterläden, egal ob im Buch- oder Lebensmittelbereich, so nicht üblich sind. Gerade älteren Bürgerinnen und Bürgern wird die besondere Art der Beziehungspflege durch Thorsten und seine Mitarbeitenden fehlen.

Der kalte Geist des technischen Fortschritts und der kapitalistischen Verwertungsmaximen (gelebt und gesteuert von Mitmenschen, nicht von einem „bösen Kapitalismus“) blutet unsere Innenstädte aus und wir können dem nur wenig entgegensetzen. Kauft mehr in Tostedt kann diese Tendenzen verzögern, aber nicht aufhalten. Und jeder prüfe sich selbst, ist es nicht zu verlockend, einfach per Knopfdruck bei Amazon et al. zu bestellen als sich persönlich auf den Weg zu einem Geschäft zu machen? Gerade wenn man im Berufsleben steht, dazu noch Familie hat und von Tostedt aus sich in Richtung Hamburg aufmacht, da lässt sich doch wenigstens einiges per Smartphone im Zug erledigen und es wird bequem nach Hause geliefert.

Was das alles für die Entwicklung des Zentrums von Tostedt bedeutet, lässt sich schon jetzt am Wandel der Geschäftsstruktur ablesen. Neue Geschäfte entstehen im Dienstleistungsgewerbe und dort zunehmend durch Familiennetzwerke, die mit kostengünstigen Hilfskräften den Betrieb aufrecht erhalten können.

Wie lässt sich unser Zentrum lebendig gestalten? Kulturelle Angebote sind ein wichtiger Beitrag. Aber gibt es öffentliche Toiletten? Gibt es einen Kulturraum? Und wie lässt sich das Zentrum weiter verdichten, ohne dass Lebensqualität für die Bewohner verloren geht? Hierauf müssen wir in Tostedt eine Antwort finden und zwar möglichst in einem intensiven Austauschprozess unter den Bürgerinnen und Bürgern.

Und schließlich, was macht Thorsten nach dem 31. August? Wandert er aus oder kommt er in den TösterKultur e.V.?